
In Fortsetzung zum Schrifttum Japans in der NaraZeit, in dessen Fokus die alten Mythen Japans und die Gedichtsammlung Manyôshû standen, steht das literarische Schaffen in der Epoche der HeianZeit (7941192), die allgemein als das klassische Zeitalter der japanischen Literatur bezeichnet wird. Es wird mit Blick auf das Schrifttum von der Adelsgesellschaft getragen, in der insbesondere die japanischen Hofdamen einen großen, wenn nicht gar den größten Anteil an der Herausbildung einer japanischsprachigen Literatur hatten. Unter ihnen gelangten die am kaiserlichen Hofe dienenden Zofen Murasaki Shikibu mit ihrer Geschichte des Prinzen Genji (Genjimonogatari) und Sei Shōnagon mit ihrem Kopfkissenbuch (Makurano sōshi) zu Weltruhm, der bis in die Gegenwart nachwirkt. Es ist die Epoche, in deren früher Phase die Genres der Erzählungsliteratur (monogatari) und der Memoirenliteratur (nikki) ihren Anfang nehmen, während zum Ende des 11. Jahrhunderts hin die letzte Phase der Heianzeitlichen Literatur beginnt, die retrospektiv auf die Vergangenheit gerichtet ist und eine Rückorientierung erkennen lässt, die in der Herausbildung einer nationalen Geschichtsschreibung in Form von Geschichtensammlungen im Stil der monogatari, der „historischen Erzählungen“ (gunki monogatari), sowie sog. „Spiegel“ (kagami) mündet, die anhand von Kaiserchroniken und Adelsbiographien eine Geschichte des japanischen Hofadels darstellen. Auch die Lyrik entwickelte sich in dieser Epoche weiter. Die Abfassung, der Austausch und das Zitieren von Gedichten standen im Mittelpunkt des aristokratischen Lebens. Ein Großteil der Lyrik ist förmlicher oder offizieller Natur und entstammt zum Teil Gedichtwettstreiten (utaawase), an denen bis zu 1000 Kandidaten teilgenommen haben sollen und die bereits für das Ende des 9. Jahrhunderts bekannt sind. Auch der Text der japanischen Nationalhymne Kimiga yo findet in der Dichtung dieser Epoche seinen Ursprung… – Die Kultursplitter sind auf 30 Minuten/Veranstaltung beschränkt und richten sich eher an ein allgemein an der japanischen Kultur interessiertes Publikum. Die Veranstaltung findet online mittels Zoom statt.
Auskünfte und Anmeldung bei Michael KUHL M.A. (kuhl@eko-haus.de).
Bild: Die Hofdame und Schriftstellerin Murasaki Shikibu in einer Holzschnitt-Darstellung des Ukiyoe-Künstlers KATSUSHIKA Hokusai: Die fünf unsterblichen Dichterinnen (gokasen) (ca. 1820-1829)